Ausgabe Februar / März 2017 – Konrad Flämig, Puschendorf

 

Angst gehört zur menschlichen Grundausstattung. Sie warnt uns in Gefahren und stellt die körperlichen Funktionen auf Alarmbereitschaft, um die Gefahr schnell abzuwehren. Ob sie nur als Bedrohung gefühlt oder Realität ist, spielt in den körperlichen Reaktionen keine Rolle.

 

So sehr Angst dem Schutz dient, wenn sie übertrieben ist, macht sie unberechenbar oder krank. Dann beherrscht sie die Gedanken, die sich ständig um befürchtete Gefahren und deren mögliche Abwehr drehen. Zu spüren ist das an den Krankheitszahlen, die Anzahl der Krankheitstage wegen psychischer Erkrankungen haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt.

Angst als Motivation
Es ist ein besonderes Phänomen, dass die Befürchtungen gruppenbildend wirksam sind. Sie sind die entscheidende Motivation, um sich zusammenzufinden. Das ist die Angst vor der Überfremdung oder die Angst vor dem Rechtsruck. Da ist die Angst vor falscher Ernährung, vor politischen und wirtschaftlichen Fehlentscheidungen. Da ist die Angst, nicht mehr als politisch korrekt zu gelten. …Die Angst vor Terrorismus (73%), politischem Extremismus (68%) Spannungen durch Zuzug von Ausländern(66%) führen die Angst-Hitliste 2016 an (Quelle: R+v Versicherungsumfrage).

German Angst
Der Begriff ist eine neue Wortschöpfung aus dem englischen Sprachraum. Zunächst bezog sich das in den 90ern auf die zögerliche Haltung deutscher Unternehmen, dann auch auf alle Politikfelder. Sind die Deutschen ein Volk von Bedenkenträgern, eine Nation die wohlhabend und zugleich sehr unglücklich ist? „Die Jahrgänge des Nachkriegs, die bislang das Sagen hatten, waren noch von dem Gedanken geprägt, dass das Schlimme hinter ihnen lag. Die nach 1964 Geborenen haben das dumme Gefühl, dass das Schlimme erst noch kommt“, schreibt der Soziologe Heinz Bude in seinem Buch „Gesellschaft der Angst“. Es schien ein Muster zu geben, denn die Deutschen gingen zu häufig davon aus, dass die Zukunft auf jeden Fall schlechter wird als das, was sie heute haben. Zum anderen ist es so, dass es in den letzten Jahren eine deutliche Bewegung weg von der Angst gegeben hat, die Deutschen sich freuen und feiern können, und mit Bedrohungen recht gelassen umgehen. Sind die Menschen heute ängstlicher?

Untersuchungen bestätigen das nicht. Allerdings wird heute häufiger über Angst geredet. Galt es Anfang des 19 Jahrhunderts als feige und schwächlich über Angst zu reden, gehört es in den Nach68er-Zeiten als mutig, zu seiner Angst zu stehen. In allen Fällen von Ängstlichkeit spielen Politik und Medien eine zentrale Rolle. In Deutschland gab es 2015 3.459 Menschen die im Straßenverkehr getötet wurden. Obwohl über 200 Mal mehr Personen getötet wurden als beim Terroranschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt, war die Berichterstattung darüber viel weniger ausführlich und dramatisch. Natürlich ist jeder Mensch, der umgebracht wird, ein Mensch zu viel. Aber es zeigt sich daran, wie selektiv wir durch die Medien Situationen wahrnehmen.

Angst kann instrumentalisiert werden, um Herrschaft auszuüben und Gesetze durchzuführen. Wer Angst hat, unterstützt die Maßnahmen, die diese Angst bearbeiten. Die Angstfelder wechseln. Da geht es um Angst vor der Atomkraft, Angst vor Islamisierung, Angst vor Terror, Angst vor dem Krebs – die Angst vor BSE allerdings ist die vor einer kommunistischen Eroberung.

Was hilft?
Wir formulieren positive Ziele. Wir finden uns zu Gruppen zusammen, die etwas erreichen wollen und nicht, die zuallererst etwas bekämpfen. Wir durchschauen die Instrumentalisierung, die durch Medien und soziale Netzwerke geschehen. Wir sind in Gottes Hand und vertrauen ihm, dass wir bei ihm ankommen, was immer geschieht. Gottvertrauen ist ein Angstblocker.