Ausgabe Juni / Juli / August 2023 – Benjamin Hopp, Helmbrechts

Links im Bild können Sie einige Aussagen des Auferstandenen lesen. Jesus richtete sie an Menschen, denen er nach seiner Auferstehung begegnet ist: Maria, Petrus, die gesamte Gemeinschaft der Jünger. 

Mal ist er freundlich, mal wirkt er forsch. Mal ist er fragend, mal ermahnt er und weist zurecht. Und er tröstet, ermutigt, beauftragt. Dabei wirken Handeln und Reden Jesu manchmal widersprüchlich. 

Thomas, der im Volksmund auch den Titel „der Ungläubige“ trägt, wird von Jesus aufgefordert: „Leg deinen Finger hierher und sieh meine Hände an. Streck deine Hand aus und leg sie in die Wunde an meiner Seite. Sei nicht länger ungläubig, sondern komm zum Glauben!“ Im Gegensatz zu seinen anderen Freunden hatte er Jesus noch nicht leibhaftig gesehen. Doch jetzt darf er ihn endlich sehen! Thomas ruft es staunend aus: „Mein Herr und mein Gott!“ (Joh 20, 24-29) Jesus bringt die Waage des Thomas gegenüber seinen Mit-Jüngern wieder ins Gleichgewicht. Er zeigt sich ihm, genauso wie er es sich gewünscht hat. Was tat er daraufhin? Wie viele andere aus dem engsten Freundeskreis Jesu ging auch er auf Missionsreise. Der „ungläubige“ Thomas soll in Persien gewirkt haben. Noch heute beruft sich die Mar-Thoma-Kirche in Indien auf den Apostel zurück. 

Und was ist mit uns Christinnen und Christen im 21. Jahrhundert? Bleibt uns im Gegensatz zu Thomas nicht mehr als der weitere Satz Jesu: „Glückselig sind die, die mich nicht sehen und trotzdem glauben!“ Werden wir heute benachteiligt? 

„Besorg dir mal ne (richtige) Brille.“ 

Vielleicht haben Sie diesen Satz auch schon mal gehört. Viele unter uns müssen spätestens „im Alter“ eine Lesebrille kaufen. Eine scharfe Sicht und ein klarer Blick sind im Alltag äußerst hilfreich. Dafür benötige ich die auf meine Augen angepasste richtige Stärke. 

Am Ende des Tages bleibt es immer eine Sache der Brille, die ich aufhabe. Erkenne ich den Sachverhalt scharf, oder sind meine Gläser mittlerweile unpassend, ohne dass ich es vielleicht gemerkt habe und sehe deshalb nicht mehr richtig? Meistens sehe ich recht scharf, was schiefläuft und nicht passt. Beim Positiven, wenn es überhaupt in meinem Blickfeld liegt, sehe ich oft ziemlich unscharf. Ich sehe fast schon instinktiv die Ungleichheit: „Jesus behandelt mich unfair!“ Geht es Ihnen genauso? Dann lade ich Sie ein, mit mir gemeinsam die negative Brille ab- und die positive Brille aufzusetzen. Und wie bei neuen Brillengläsern werden Sie mit mir überrascht sein, was Sie auf einmal alles sehen können: 

Jesus weiß, was seine Jüngerinnen und Jünger in naher Zukunft erwartet. Sie können ihn nicht mit ihren Augen sehen. Sie können ihn nicht mit ihren Ohren hören. Sie können ihn nicht mit ihren Händen berühren. Und das sieht er. Er geht darauf ein. Mit dieser Brille auf der Nase fühle ich mich ernstgenommen und verstanden. 

Durch Begegnung glauben 

Auch wenn Sie sich vielleicht manchmal so fühlen, als hätten sie eine Augenbinde auf, die sie nicht abbekommen – wie bei Thomas benötigen auch wir heute für unseren Glauben die Begegnung mit dem Auferstanden. Und so wie „der Geist weht, wo er will“, so haben wir genau das nicht im Griff. Dass er sich Ihnen zeigt, verspricht er in der Bibel immer wieder. Doch wie und wann er das tut, bleibt außerhalb unseres Einflussbereichs. Er tut das auf ganz unterschiedliche Weise. Es bleibt ein Geheimnis, doch wir können uns daran freuen und darüber staunen. 

Gott überraschend begegnet – ein persönliches Zeugnis 

Ich hätte nie gedacht, dass es mich mal erwischt. Oft habe ich Betroffene nicht verstanden. Doch dann steckte ich mittendrin – in der Depression. Sogar ein stationärer Klinikaufenthalt wurde empfohlen. Ohnmächtig in den Untiefen meiner negativen Emotionen gefangen wollte ich nichts mehr mit Gott zu tun haben. Ich stellte meine Berufung als Prediger, ja die Existenz Gottes fundamental infrage. Ich meinte, dass ich ihm egal wäre. Ich fand ihn nirgends mehr und wollte es auch nicht. 

Doch ich wurde überraschend aus meinem Denken Stück für Stück herausgeführt. Da stellt meine Therapeutin die ganz untherapeutische Frage: „Wo ist da jetzt Jesus?“ – Da kommt ein Mitpatient aus heiterem Himmel und fragt mich, ob ich täglich mit ihm mittags eine Andacht lesen und beten würde, so wir dazu in der Lage wären. Ich merkte, dass Gott mich festhält, obwohl ich schon losgelassen hatte. Ich merkte, dass er mich suchte und mir nachging, weil ich ihn nicht mehr suchte und ihm nicht mehr nachging. Ich merkte, dass er mein Verhalten aushält und sich durchaus für mich interessiert. Ich fing an, in den angebotenen Gottesdienst zu gehen und christliche Seelsorge neben meiner Therapie in Anspruch zu nehmen. Ich hörte und las von all den gebrochenen Lebensgeschichten der biblischen Helden. 

Und heute? Heute achte ich darauf, dass ich die richtige Brille aufhabe und bete zu Gott immer wieder: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben“. Und unglaublicherweise tut er es. Und ich bin mir sicher: wenn er mir begegnet, dann begegnet er Ihnen auch auf die für Sie beste Weise!