Ausgabe August / September 2017

 

Lesen Sie hierzu die Meinungen des Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble, des Bayerischen Finanzministers und Protestanten Markus Söder sowie des katholischen Politikers und Parlamentarischen Staatssekretärs Jens Spahn.

 

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat 2016 anlässlich des anstehenden Reformationsjubiläums deutschen Protestanten eine einseitige Politisierung vorgeworfen. Das wirke „schal“, wenn der spirituelle Kern verlorengehe, und führe seiner Beobachtung zufolge auch dazu, dass „Christen mit abweichenden politischen Ansichten ausgeschlossen“ würden. In politischen Debatten, etwa über die Flüchtlings- oder Wirtschaftspolitik, bringen sich entschieden vor allem die EKD und Landeskirchen ein. Sie vertreten Positionen, die dem politisch linken Spektrum zugeordnet werden können. Manchmal aber entsteht der Eindruck, es gehe in der evangelischen Kirche primär um Politik, als seien politische Überzeugungen ein festeres Band als der gemeinsame Glaube“, schrieb Schäuble.

Der Bundesfinanzminister hat die Kirche zu mehr Demut bei ihrem politischen Engagement ermahnt. „Die Kirche muss aufpassen, dass sie sich nicht nur im Mainstream der Political Correctness mit größter Betroffenheit engagiert“, sagte Schäuble 2017. „In weltlichen Fragen hat sie aber nicht das Monopol auf Wahrheit.“ In der Demokratie könne jeder seine eigene Meinung haben: „Das verstehen diejenigen oft nicht, die sich aus tiefer Glaubensüberzeugung äußern.“

Auch Wolfgang Schäuble hat Interesse an einem politischen Protestantismus. Wenn der Protestantismus politisch wirksam sein will, muss er sich jedoch auf seine religiöse Grundlagen besinnen, so Schäubles These. Seiner Beobachtung nach untergräbt die Politisierung der Religion deren spirituelle Basis, »aus der doch ihre Strahl- und Überzeugungskraft erwächst«. Die besondere Überzeugungskraft, die von religiös motiviertem politischem Handeln ausgeht, liege in dessen geistlicher, spiritueller Basis. Politisch wirklich einflussreiche Protestanten der Geschichte hätten ihre Wirkungskraft stets aus dem Glauben bezogen, sagte er. Losgelöst von dem spirituellen Kern, »wird die bestgemeinte politische Programmatik schal und ihr selbstgestecktes Ziel bleibt unerreicht«.

Ähnlich argumentierte der bayerische Finanzminister und Protestant Markus Söder in „Christ und Welt“ im Jahr 2016. Söder sagte: „Die Kirchen sind nicht die Gewerkschaften des Himmels“, und fügte hinzu: „Es wäre für die Kirchen besser, sie würden sich stärker auf den Glauben konzentrieren und weniger Politik machen.“ Der Staat solle sich um seine Angelegenheiten kümmern, die Kirche um ihre: „Kirchen sollten keine Ersatzparteien sein.“ Söder begründete seine strenge Aufgabenteilung mit der Pflicht des Staates, Gerechtigkeit gegen jedermann üben zu müssen – was bedeute, nicht immer auch barmherzig sein zu können.

Auch der katholische Politiker und Parlamentarische Staatssekretär Jens Spahn ist mit der Kirche nicht zufrieden. Sie mische sich zu viel in die Tagespolitik ein. „Ich nehme sie an den falschen Stellen sehr offensiv wahr“, sagte er im Interview der Zeitschrift „Kirche und Leben“ (Münster) Die Kirchen sollten in Fragen des Glaubens mehr Orientierung geben. Sie müssten sich außerhalb der schnelllebigen Tagespolitik wieder vermehrt damit befassen, „wie sehr Kirche und Glaube unseren Alltag, unsere Kultur prägen. Sie sollten sich mehr auf ihre Kernthemen konzentrieren – also Seelsorge, Glaubensvermittlung oder auch das Karitative. Stattdessen mischen sie sich jedoch zu sehr in die Tagespolitik ein und machen sich so nur zu einem von vielen Interessenvertretern.“