Ausgabe März / April / Mai 2020 – Rainer Wagner, Frankeneck/Pfalz

1. Evangelisation:

Ein bleibender Auftrag Jesus gab seinen Jüngern, zu denen alle echten Christen bis heute gehören, einen deutlichen Befehl: „Gleichwie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“ (Joh 20,21b). Jesu Sendung ist der Auftrag, die „frohe Botschaft“ von der Herrschaft und Liebe Gottes, den Menschen mit Worten und Taten zu bezeugen. Vor Jahrzehnten sang man in vielen Jungscharen und Jugendkreisen:

„Wir wollen Königsboten sein,
des Herren Jesus Christ!
Der frohen Botschaft heller Schein
uns Weg und Auftrag ist“.

Dabei war klar, dass diese Aufgabe nicht nur an Pastoren und Evangelisten ging. Er soll von jedem Jesus-Nachfolger wahrgenommen werden (Mk 16,15). Auch wenn das Lied heute kaum noch gesungen wird, der Auftrag bleibt.

Aber wie bezeugen wir diese Botschaft heute?

2. Ein kurzer Blick auf die geistliche Situation in unserer Gesellschaft

Das Zentrum unseres evangelistischen Zeugnisses ist die Botschaft von der vergebenden Gnade und Liebe Gottes. Aber in der atheistischen Zeit des 21. Jahrhunderts können wir nicht mehr Vorwissen über den christlichen Glauben voraussetzen. Deshalb muss unsere Verkündigung früher einsetzen.

Paulus ermahnt: „Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Seid brünstig im Geiste. Schicket euch in die Zeit.“ (Röm 12,11, LUT 1912). Deshalb sollten wir zuerst unsere Zeit etwas genauer anschauen.

Seit der sogenannten Aufklärung sind von der bis dahin feststehenden Überzeugung, dass es einen persönlichen Gott gibt, nur noch rudimentär Reste in unserer Umgebung vorhanden. Einer der scharfsinnigsten Feinde des Glaubens war Friedrich Nietzsche. Er hat in Teilen seines Werkes diese immer weiter fortschreitende gesellschaftliche Entwicklung dargestellt. Der „tolle Mensch“ in seinem Werk „Fröhliche Wissenschaft“ fragt: „Wohin ist Gott? rief er, ich will es euch sagen! Wir haben ihn getötet, – ihr und ich! Wir alle sind seine Mörder!“

Nietzsches Prognose hat sich nicht nur durchgesetzt, sie führte auch dazu, dass man von dem ermordeten Gott heute kaum noch etwas weiß. Biblische Aussagen werden nicht nur infrage gestellt. Sie sind heute weitgehend unbekannt. Wurde die „Botschaft vom Kreuz“, von einem menschgewordenen Gott, der aus Liebe zu seinen Geschöpfen am Kreuz stirbt, schon zur Zeit der Apostel von den Gebildeten als „Torheit“ (1. Kor 1,23) betrachtet, so ist heute selbst der Gedanke an einen persönlichen Gott weitgehend verdrängt. Es wird deutlich, was Paulus schon in seiner Zeit sieht: „Da sie sich für Weise hielten, sind sie zu Narren geworden“ (Röm. 1,22). Die meisten Mitmenschen sind zu geistlichen Analphabeten geworden. Im besten Fall basteln sie sich einen Glauben zusammen, der nur wenig mit der Selbstoffenbarung Gottes in der Bibel zu tun hat.

Die Reaktion unserer einst christlich geprägten Gesellschaft auf die gegenwärtige CoronaPandemie zeigt, wohin der Gedanke, dass Gott tot oder zumindest handlungsunfähig ist, führt. Hätten die Kirchen und die Christen früher vor allem Gott um Hilfe gebeten, so hoffen sie heute auf Hygieneregeln wie „Abstand halten, Maskentragen und Kontakte meiden“. Das Licht am Ende des Tunnels ist nicht Gott, sondern ein Impfstoff. Der „tolle Mensch“ des Atheisten Nietzsche schildert fast prophetisch diese Verzweiflung.

3. Wie können wir heute dieser geistlich toten Welt die Liebe Gottes bezeugen?

a) Wie nahm Jesus seine Sendung wahr?

Er erklärt wie Gottes Liebe ist: Sein Gegenüber war der Theologe Nikodemus. Nikodemus glaubte an einen persönlichen Gott und dachte viel über ihn nach. Nikodemus sah in Jesus eine hervorragende geistliche Persönlichkeit (Joh. 3,2). Aber er hatte in sich nur menschliches und kein geistliches Leben. Irgendetwas zog ihn dennoch zu Jesus. Jesus aber kam nicht, um religiöse Menschen in ihrem Eifer zu bestätigen oder Sympathisanten zu sammeln. Jesus will neues Leben schenken. Deshalb erklärt er Nikodemus, wie Gott rettet. Gott hat seinen Sohn aus der himmlischen Herrlichkeit, die wir in diesem Leben nie ganz verstehen werden, in unsere sichtbare Welt gegeben. Er hat ihn zu denen geschickt, die Gott aus ihrem Leben raushalten, für die Gott tot ist. Wer sich jetzt Jesus anbefiehlt, nichts anderes ist der Glaube, geht nicht verloren, sondern bekommt ewiges, göttliches Leben.

b) Wenn Jesus uns in die Welt schickt: „Wie geben wir diese Botschaft weiter?

Wir müssen wie Jesus, deutlich und klar das Evangelium bezeugen. In unserer nihilistischen und atheistischen Zeit können wir bei den wenigen noch vorhandenen geistlichen Bezügen anknüpfen: Einsamkeit, Angst, Leid unter der Ungerechtigkeit, Sünde und Tod.

Beispielhaft bei den Sehnsüchten: Der schon erwähnte Friedrich Nietzsche fand wohl nie zu Gott. Aber es gab auch für ihn mögliche Anknüpfungspunkte.

1884 schildert er in seinem Gedicht „Die Krähen schrei´n“, seinen erbärmlich einsamen Zustand:

„Die Krähen schrei’n –
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnei’n – Wohl dem, der jetzt noch – Heimat hat!“

Hier anknüpfend können wir den einsamen Zeitgenossen die himmlische Heimat, die Liebe Gottes und die Möglichkeit eines neuen Lebens bezeugen.

Menschlich überzeugen werden wir die heimatlosen Vögel unserer Zeit nicht. Aber jeder soll von Gottes Liebe wissen:

Es gibt einen Weg heraus aus der Kälte. Es gibt für dich eine Heimat. Du brauchst dich nicht durch menschliche Kraft verändern oder dorthin durchschlagen. Gott, von dem du vielleicht nicht einmal glauben kannst, dass er existiert, lebt. Er hilft auf dem Weg. Er schenkt dir das Leben, welches mehr als deine einsame Existenz ist.

Diese gute Botschaft muss durch die Verkündigung in der Predigt, aber auch durch das persönliche Zeugnis in unserer Familie, unserem Freundes- und Bekanntenkreis, in die Welt kommen. Gott der Vater gab sein Teuerstes für dich, seinen Sohn!

Jesus öffnete dir die Tür zur ewigen Heimat durch seinen Tod am Kreuz! Deswegen dürfen, ja müssen wir Jesusleute Rettungs-, sogar Königsboten in unserer kalten Zeit sein.