Ausgabe September / Oktober / November 2021 – Persönlicher Bericht von Thomas Pichel über zwei Hauptamtlichen-Einkehrtage im Juli

A)
Die zwei Fortbildungstage waren ein Geschenk. Das lag zum einen am Wiedersehen und an der Gemeinschaft mit den Kolleginnen und Kollegen nach 18 Monaten (!) CoronaAuszeit. Das lag zum anderen sehr an dem, was wir Hauptamtlichen zum Doppelthema Jüngerschaft und Lerngemeinschaften präsentiert und vermittelt bekamen.

B)
Ich meine, ich darf für alle Hauptamtlichen sprechen. Wir haben Wegweisendes für unser persönliches Leben mit Gott, aber auch für unser gemeinsames Leben in unseren Gemeinden, Bezirken und im Verband gelernt. Fünf Beispiele möchte ich nennen, die bei mir hängen geblieben sind.

  1. Wir alle (Ehren- und Hauptamtliche) sind „von vorne Schafe und von hinten Hirten“. Was heißt das? Wir sind Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu. Er geht vor uns her. Wenn Jesus sich umdreht, sind wir seine Schafe. Er versorgt uns mit dem Nötigen (Ps 23,1.2.3a). Er geht voran (Ps 23,3b). Er gibt Geborgenheit (Ps 23,4). Er kümmert sich (Ps 23,5). Er schafft Vertrauen (Ps 23,6). Gott sei Dank! Wenn wir uns umdrehen, dann sind wir seine Assistenzhirten für die, die wir wahrnehmen. Dann wird Psalm 23 zu unserer Aufgabe.
  2. Christsein heißt Jüngersein. Haben Sie gewusst, dass im Neuen Testament 3x das Wort „Christ“ und 180x das Wort „Jünger“ vorkommt? Jüngersein ist eine Lebensweise. Jünger sind Schülerinnen und Schüler Jesu. Jünger sind und bleiben Lernende. Wir lernen miteinander und voneinander. Und wir laden andere in unsere ‚Klasse‘ ein. Wir wünschen es uns, dass andere auch Jüngerinnen und Jünger Jesu werden. Denn wir haben in Jesus den erstaunlichsten und besten Lehrer der Welt. Wir lernen vieles über ihn. Wir lernen mit ihm und von ihm. Martin Schleske sagt zum Jüngersein folgendes: „Der Christ definiert sich durch das, was er glaubt; er macht sein Bekenntnis zum Zentrum seiner religiösen Identität. Ein Jünger (oder Lehrling) aber bestimmt sich dadurch, wer sein Meister ist und was er durch ihn lernt“ (Der Klang, S. 233)
  3. Wir können für unser gemeinsames Leben und ‚Arbeiten‘ in den Bezirken und im Verband von weisen Erkenntnissen und klugen Methoden aus der Welt der Pädagogik und Soziologie viel Hilfreiches lernen. Das entspricht der biblischen Weisheitstheologie, die wir z.B. im Buch der Sprüche Salomos finden. Mich haben u.a. die sog. HUT- bzw. Huddle-Gruppen beeindruckt. Mehr dazu finden Sie im Übersichtskasten in diesem Heft.
  4. Ich staune, wie Denken sich verändert, wenn man die Perspektive wechselt! Wir sollten uns in das Jahr 2025 versetzen und uns vorstellen, in unseren Gemeinden gebe es eine Blütezeit mit Erweckung und Wachstum. In diesem Gedanken-Experiment, von 2025 aus auf die Jahre 2021 bis 2025 ‚zurückzuschauen‘, durften wir sozusagen träumen: Welche Faktoren haben menschlich gesprochen zu dieser positiven Entwicklung geführt. Gott hat durch dieses Szenario manches bei uns angestoßen. Cool finde ich, dass uns niemand hindert, die vermuteten Segens-Faktoren heute miteinander zu leben, z.B. den Mut loszugehen und Dinge auszuprobieren, ohne zu wissen, ob es klappt. Dazu eine Fußnote, damit kein Missverständnis aufkommt! Wir sind nicht die Macher! Wir sind keine Methodengläubige. Gott bringt Menschen zum Glauben. Gott schenkt den Gemeindebau. Aber mit dieser Gewissheit setzen wir uns nicht auf die bequeme Couch der Ausreden und des Nichtstuns. Wir lassen die falsche Alternative zwischen Gottes Werk und unserem Beitrag hinter uns. Gott liebt es, unser hoffnungsvolles Beten, unser mutiges Entscheiden und unser gutes Tun zu benutzen und zu segnen.
  5. Die Tage in Burgambach haben mir innere Bilder geschenkt, die Orientierung und Kraft geben. Hier meine kleine Ausstellung: Ein Weg, auf den einer vorangeht, auf dem ich mit anderen unterwegs sein darf. Ein Steg, über den Menschen in beide Richtungen laufen. Ein Haus mit einer offenen Tür. Ein Tisch mit einer Tasse Kaffee. Ein Garten, in dem vieles blüht, wächst und gedeiht. Wenn Sie mögen, können Sie sich ihre Bilder überlegen! Es geht um Hoffnungs-Bilder, die ermutigen und Lust zur Mitarbeit machen.Auch dazu eine Fußnote! Es kann sein, dass etwas zwischen uns und solchen Mutmach-Bildern steht. In diesem Fall hilft mir ein auf dem ersten Blick wenig berauschender Bibelvers. Er steht in Amos 7,14. Amos sagt von sich: Ich bin ein Hirte, der Maulbeeren züchtet, wörtlich: der Maulbeeren ritzt. Die Bauern mussten damals jede einzelne Frucht einschneiden, damit eine bittere Flüssigkeit abfließen konnte. Nur so entwickelten sich die einzelnen Maulbeeren zu genießbaren Früchten. Ich glaube, dass das bei uns Menschen ähnlich ist. Wir können nur gute, genießbare Früchte werden, wenn das Bittere aus unserem Herzen heraustropfen kann. Gerade in der Gemeinde und Mitarbeit können sich viel Frust und Enttäuschung, viel Unmut und Ärger, viel Entmutigung und Resignation ansammeln! Gestehen wir es uns, wenn es bei uns so ist! Bitten wir unseren guten Hirten um seine Behandlung! Er kann uns innere Heilung schenken. Er kann z.B. unsere Entmutigung in Ermutigung verwandeln.

C)
Zum Schluss möchte ich uns aus dem vielen, was wir Verbandsangestellten in den zwei Tagen gehört haben, eine Frage und eine Bitte mitgeben: Hier die Frage: Was ist Ihre beste LKG-Erfahrung? Hier die Bitte. Schenken Sie sie weiter! An Menschen, die schon da sind. An Menschen, die leider Jesus noch nicht kennen, die Jesus aber zu seinen Jüngerinnen und Jüngern machen möchte.